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Werteorientierung in Unternehmen: Authentische Werte oder große Worte?

Brisanter denn je gestaltet sich für Unternehmen die Herausforderung, die richtigen MitarbeiterInnen zu finden und Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen unterschiedliche Talente und Fähigkeiten bestmöglich gefördert und zum Einsatz kommen. Vor diesem Hintergrund haben Unternehmenswerte Aufwind. Gleichzeitig taucht nach den Vorwürfen des Greenwashings nun auch Purposewashing als Kritik gegenüber Unternehmen auf, die ihre Marke als besonders werteorientiert oder sozial-engagiert darstellen, ohne aber viel dafür zu tun. Wenn MitarbeiterInnen und KonsumentInnen das bemerken, ist das Vertrauen schnell verloren.

Unseren Beobachtungen nach, steckt aber oft gar nicht eine absichtliche Täuschung dahinter. Echte, authentische Werteorientierung scheitert nicht unbedingt an fehlender Ernsthaftigkeit in der Definition von Werten, sondern an der Klarheit, wozu Werte eigentlich da sind und wie sie nachhaltig im Unternehmen implementiert werden können.

Der Nutzen von klar-definierten und ehrlich-gelebten Unternehmenswerten liegt nur in zweiter Linie in der Gestaltung attraktiver Employer-Branding Botschaften. In erster Linie wirken sie Identitätsstiftend nach innen und haben damit einen positiven Einfluss auf Kundenbeziehungen, auf die Bindung von MitarbeiterInnen und letztendlich auf den Markterfolg.

Authentisch gelebte Werte nützen Unternehmen also in mehrerlei Hinsicht:

  • Sie liefern eine klare und für alle Stakeholder verständliche Beschreibung, wie ein Unternehmen auch abseits der ökonomischen Ziele seinen Auftrag erfüllen möchte
  • Sie schaffen eine Identifikationsgrundlage für alle MitarbeiterInnen und stärken damit das Gefühl der Zugehörigkeit
  • Sie geben dem Management Orientierung für strategische und operative Entscheidungen
  • Sie helfen die Beziehungen zu Stakeholdern nachhaltig positiv zu gestalten

Die große Herausforderung steckt im authentischen Leben der definierten Werte. Eine unserer Kundinnen bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Solange ich nicht sehe, dass sich durch unsere neu definierten Werte etwas im Handeln der MitarbeiterInnen verändert, sind unsere Werte nicht mehr als Worte“.

Unter welchen Voraussetzungen entwickeln nun aber Werte die oben beschriebene positive Wirkung? Aus den Erfahrungen zahlreicher Beratungsprojekte beobachten wir folgende Kriterien, die maßgeblich für den Erfolg oder das Scheitern authentischer Werteorientierung sind:

PARTIZIPATION IN DER WERTE-DEFINITION:
Unternehmen haben eine Kultur und dahinterliegende Werte; ganz unabhängig davon, ob diese in der Vergangenheit festgeschrieben wurden oder nicht. Ein Blick in die Unternehmenshistorie und die Beteiligung von MitarbeiterInnen aus allen Unternehmensbereichen verhindern die Formulierung realitätsferner Werte. MitarbeiterInnen haben dadurch die Möglichkeit sich mit der Frage zu beschäftigen, was für sie persönlich in ihrer Arbeit für die Organisation wichtig ist.

KLARHEIT UND KONSISTENZ:
Wenn Unternehmenswerte nicht klar definiert sind oder im Widerspruch zueinander stehen, können Führungskräfte und MitarbeiterInnen diese schwer umsetzen. Werteprozesse sollten dementsprechend Feedback- und Kontrollschleifen vorsehen, in denen Werte hinsichtlich Verständlichkeit, Klarheit und Widerspruchsfreiheit überprüfen werden.

SPEZIFIZIERUNG DER BEDEUTUNG:
Der Wunsch nach einem möglichst komprimierten Werte-Kanon endet oft in der Abstraktion. Daher beobachten wir eine hohe Überschneidung von Werten, die sich verschiedene Organisationen auf die Fahnen schreiben: Kundenorientierung, Qualität, Verantwortung, Teamgeist und Innovation sind sicherlich unter den Werte-Favoriten. Erst durch die Auseinandersetzung mit der Frage: „Was heißt das für unser konkretes Tun?“ erhalten Werte ihre Klarheit und Differenzierungskraft.

REALISTISCHE EINSCHÄTZUNG WUNSCH UND WIRKLICHKEIT:
Werteprozesse beschäftigen sich mit einem wünschenswerten Zukunftsbild. Durch eine aufmerksame Betrachtung der Lücke zwischen Wunschbild und Realität wird der mögliche Handlungsbedarf schon in der Ausarbeitung der Werte offensichtlich. Je größer die Lücke, desto höher die Aufmerksamkeit für Change-Prozesse, die zu einer entsprechende Verhaltensänderungen führen sollen.

KONSISTENZ MIT ZIELEN UND MANAGEMENT-SYSTEMEN:
Wenn Werte sich nicht mit strategischen Zielen, gängigen Managementpraktiken oder Incentive-Systemen vereinbaren lassen, sind Verwirrung und Konflikte vorprogrammiert. Wertearbeit muss also immer im Zusammenhang mit der strategischen Unternehmensausrichtung und den Systemen zur Unternehmenssteuerung gesehen werden.

KONSEQUENZ IN DER IMPLEMENTIERUNG:
Werte müssen von Führungskräften authentisch (vor-)gelebt werden, sonst verlieren sie schnell an Glaubwürdigkeit und Relevanz. Nur wenn MitarbeiterInnen feststellen, dass das tatsächliche Verhalten von Führungskräften und das tatsächliche Handeln des Unternehmens mit den definierten Werten übereinstimmen, kann Implementierung gelingen. Wertearbeit ist keine einmalige Aktivität, die mit der Verkündung der Werte durch das Management abgeschlossen ist, sondern erfordert eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Frage, wie diese im Unternehmen spürbar werden (sollen).

Authentische Wertorientierung ist also als strategische Managementaufgabe zu betrachten. Es handelt sich dabei nicht um ein Projekt, das mit der Verabschiedung der Werte abschließt, sondern bedarf der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Führungskräfte sind gefordert Werte vorzuleben, einzufordern und nicht wertekonformes Verhalten zu thematisieren. Das bedeutet Arbeit, die sich langfristig bezahlt macht. Wir beobachten bei vielen unserer Kunden, die sich auf diesen Prozess eingelassen haben, eine nachhaltig positive Wirkung im Sinne der genannten Benefits authentischer Werteorientierung.

monika

AUTOR:
MONIKA HEPPNER

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